Auf dieser Seite werden Cookies und andere Technologien genutzt. Cookie - Konfigurationsbox öffnen 1.364 km entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze: 24 - Von Geisa nach Vacha

24 - Von Geisa nach Vacha

Die heutige Wanderroute (26 km - 839 Höhenmeter)

Zuerst muss man die fast 3 Kilometer lange Strecke aus Geisa heraus wieder Richtung Rasdorfer Berg zurück nehmen.
Auf dem ehemaligen Kolonnenweg, der auch gleichzeitig ein Teil des Point-Alpha-Grenzlehrpfades mit zahlreichen Hinweistafeln ist, führt der Wanderweg nun entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze.

In diesem nahen Grenzbereich lag früher einmal ein Anwesen, der Fischerhof.



Fast 3 Kilometer hinter dem Beginn des Kolonnenweges bei Point Alpha erreicht man die Bundesstraße B 84 (Rasdorf - Buttlar). Sie war einmal eine wichtige Handelsverbindung zwischen Frankfurt und Leipzig. Die Grenze wurde hier am 18. November 1989 geöffnet.

Direkt auf der nördlichen Straßenseite befindet sich noch ein ehemaliger, allerdings stark heruntergekommener Beobachtungsturm BT 9, der derzeit noch als Umsetzer seine Dienste versieht.
Erbaut im März 1976

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite findet man ein Holzkreuz mit dieser Inschrift.



Etwa 600 m westwärts von dieser Stelle findet man neben der Bundesstraße einen weiteren Gedenkstein; dieser erinnert an den DDR-Grenzpolizisten Waldemar Estel, der unweit der Grenzlinie am 3. September 1956 während seines Dienstes von einem Unbekannten niedergeschlagen und anschließend mit mehreren Schüssen erschossen wurde. Der Täter war mit einem PKW mit spanischem Kennzeichen - von Westen kommend -  bis an die damals noch durchlässige Grenze gefahren,  überschritt allerdings zu Fuß die markierte Grenze unerlaubt.
Der Grenzpolizist wollte diesen Mann festnehmen. Nach der Tat flüchtete der „Eindringling“ zurück in die Bundesrepublik. 
Erst nach der Wiedervereinigung ergaben erneute Ermittlungen, dass der Eigentümer des PKWs ein Leutnant der spanischen Luftwaffe war. Der Mord wurde jedoch nie aufgeklärt!

Auf dem ehemaligen Kolonnenweg geht es weiter, parallel zur ehemaligen Grenzführung.


Steil geht es etwa 500 m auf den Standorfsberg (386 m) hinauf, doch noch steiler geht es die nächsten 600 m wieder hinunter. Es war bisher die steilste Stelle abwärts, die ich zu bewältigen hatte.


Unten angekommen und ein Blick zurück geworfen, eigentlich nicht so steil, doch das nächste Bild zeigt den wahren "Abstiegswinkel" an.


Wenn man unten angekommen ist und den querenden Gänseweg erreicht hat, kann man entweder geradeaus weiter gehen und kommt hinter der Brücke links wieder auf den Kolonnenweg, oder man folgt dem Weg nach links bis zur Schutzhütte. Hier findet man auch Informationen vor „Zur Deutschen Einheit“.


Ein besonderer Wegstein fällt auf.


Nach einem Wolkenbruch, dem am 19. Juni 1966 über das nahe Soisdorf niederging, überschwemmten große Wassermassen die Wiesen mit frisch gemähtem Gras und den damals hier befindlichen Grenzsicherungszaun. Das Wasser staute sich zuerst auf, durchbrach dann den Zaun und eine Flutwelle ergoss sich bis nach Wenigentaft. Sie setzte dort einige Häuser unter Wasser.

Auch ist hier noch die Brücke zu sehen, über die einst die Eisenbahn fuhr. Ihre Trasse wird heute als geteerter Fahrradweg genutzt.


Wenn man dem weiteren ausgeschilderten Wanderweg folgt bemerkt man, dass mal links, mal rechts des Weges Grenzsteine stehen. Sie zeigen die Gravuren "GSW", "KP“ und "DDR“. Dieser Weg führt zur ehemaligen Buchenmühle.
Der Ursprung der Buchenmühle zwischen Soisdorf und Wenigentaft reicht vermutlich bis in das 16. Jahrhundert zurück. Mitten durch das Anwesen verlief die Ländergrenze zwischen dem Großherzogtum Sachsen-Weimar (GSW) und dem Königreich Preußen (KP). Später dann die „Staatsgrenze-West“ der DDR. 

Eine Informationstafel vom Grenzlehrpfad "Point Alpha" vor dem ehemaligen Auszugshaus erinnert an diesen Ort.


Ein Brunnen, der die Müllerfamilie mit Trinkwasser versorgte, das zweigeschossige Auszugshaus von 1861, das den alten Bauersleuten nach der Übergabe des Hofes an einen Nachfolger als Wohnraum (Alterssitz) dienen sollte, der Schuppen und das Backhaus lagen auf thüringischem Gebiet und durften ab 1952 nicht mehr betreten werden. Am 14.September 1961 wurde alles, auch das 100 Jahre alte Auszugshaus (ein Fachwerkhaus), vor den Augen der Besitzer Schabel von den Grenztruppen der DDR abgerissen. Drei Jahre später beschloss die Familie schweren Herzens, sich circa 500 Meter südlich ein neues Zuhause aufzubauen.
Die Fundamente des Auszugshauses und Reste des Brunnens sind heute noch zu sehen. 
Im ehemaligen und erhalten gebliebenen Haupthaus wohnt heute ein neuer Besitzer. 
Hier gibt es auch aktuelle Fotos von dem Anwesen zu sehen.


Doch auch das neu errichtete Anwesen "Neue Buchenmühle" blieb von einem Schicksalsschlag nicht verschont. Im Juni 2005 lautete die Schlagzeile in der örtlichen Presse:
Aussiedlerghof "Neue Buchenmühle" abgebrannt - 200.000 Euro Schaden - Ursache unklar.

Wenn man sich wieder an dem Point-Alpha-Grenzlehrpfad orientiert, wandert man auf einem Stück ehemaligem Pfad der Grenzsoldaten. Grenzsteine sind auch hier noch gut sichtbar. Dieser Weg mündet in den Kolonnenweg.
Dabei passiert man Reste des ehemaligen Doppelzaunes in Form von stehen gelassenen Betonpfählen und ihren 12 Reihen Stacheldraht.
Man umrundet nun die Ortschaft Wenigentaft; dabei muss man zum Ende hin ein sehr steiles Wegstück, gesichert mit einem Drahtseil, zur Kreisstraße Mansbach – Weningentaft (K 102A) absteigen.
Hier steht ein Gedenkstein anlässlich der Grenzöffnung 1990.
Wenn man die Straße erreicht hat, folgt man ihr etwa 500 m, um anschließend vor dem ehemaligen Bahnhof links in die Ziegeleistraße einzubiegen.

Die ehemalige Bahnstation Weningentaft

In unmittelbarer Nähe trifft man auf die ehemalige Eisenbahntrasse der Ulsterbahn, dem heutigen Radweg.
Diese Bahnstrecke verband einmal die Orte Wüstensachsen, Hilders, Geisa und Vacha. Sie wurde u.a. auch gebaut, um das Ulstertal wirtschaftlich zu beleben. 
Auf dem ersten Teilstück, zwischen Hilders und Tann (Rhön), rollten bereits ab 1891 die ersten Züge, auf dem Teilstück zwischen Vacha und Geisa ab dem  1. August 1906.
Bis 1952 fuhren Arbeiterzüge aus dem Amt Geisa zu den Kaliwerken im Werratal. Ab 1952 wurde es „still“ im Ulstertal.
Dieser Stilllegung folgte bis 1976 der schrittweise Abbau. Da die Bahnstrecke mehrmals die Grenze zwischen Hessen und Thüringen und somit lange Zeit die zwischen der DDR und der BRD überschritt, war in der Zeit des Kalten Krieges auch jeglicher Verkehr unterbrochen. Ein Kuriosum stellte dann allerdings die Umfahrung des thüringischen Ortes Unterbreizbach dar.






Am Ende der Ziegeleistraße kann man diese Kurzinfo lesen.
Folgt man nun dem Grenzlehrpfad bzw. dem Radweg, kommt man zum sogenannten Ulstersack.
Dabei handelt es sich um eine ein Kilometer lange, fast 300 m breite sackartige Ausstülpung des hessischen Gebietes. An seinem nördlichen Ende existierte nur eine etwa 200 m breite Zuwegung!

Nun folgt man dieser Trassenführung für einige Zeit, muss man allerdings nach insgesamt 13 Tageskilometern nach links abiegen und somit Pferdsdorf umgehen. Wer sich vor dem nun folgenden  Anstieg noch einmal ausruhen möchte, findet dafür eine Rasthütte etwa 100 m weiter.
Von 244 auf 388 Höhenmeter steigt nun der Weg während der nächsten 1,8 Kilometer.
Nach einigen Wanderkilometern durch hohen Wald erreicht man den ehemaligen Beobachtungsturm Winterliete.

Hier ist nicht nur der ehemalige Turm interessant, sondern auch das nahe Umfeld. Neben einer kleinen überdachten Sitzmöglichkeit gibt es Informationen zum Turm sowie zur Grenzöffnung und man sieht hier das erste mal recht nahe die Kali-Abraumhalde von Hattorf.


Etwas versteckt und unzugänglich gelegen geriet der Turm wohl in Vergessenheit, bis man ihn 2008 vom Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie zum Kulturdenkmal erklärte.
Daraufhin begann die Gemeinde 2009, die schon vorhandenen Beschädigungen u. a. an Türen und Fenstern etc. unter Berücksichtigung der Auflagen der Denkmalbehörde zu beheben, um den ansonsten noch gut erhaltenen Turm als Zeugnis der regionalen Geschichte für die Nachwelt erlebbar und erfahrbar zu machen. Auch wurde wieder ein Stück Grenzzaun hergerichtet.


Über den sehr steil nach unten führenden Kolonnenweg hinweg hat man wieder einen Blick auf eine der Abraumhalden des Kalibergbaus, die Rückstandshalde der K+S KALIGmbH Hattorf.


Auf dem nun wieder steilen Kolonnenweg sei die Frage berechtigt, wie wohl zu DDR-Zeiten die Zweitakt-getriebenen Trabbi-Kübelfahrzeuge hier hoch gekommen sein mögen; selbst „mit Anlauf“ eigentlich unvorstellbar, erst recht nicht bei Eis und Schnee; vielleicht mit Superallrad?

Auf 400 m fällt der Weg um etwas mehr als 100 Höhenmeter bis zur Straße K 6 (Glaam – Unterbreizbach), um anschließend  - allerdings auf etwa 1,5 Kilometer und auf geteertem Weg - dieselbe Ausgangshöhe wieder zu erreichen.


Dass man hier richtig ist, zeigen nicht nur die Wegweiser, sondern auch ein Hinweis zum "Grünen Band" an der Leitplanke.

2 Kilometer hinter der Straße K 6 erreicht man nun die Ausläufer der Abraumhalde des Kaliwerks Hattorf. Hier in dem Kali-Bergwerk ist man mittlerweile auf 900 m Tiefe angelangt!

Nach einem Rechts-Links-Schwenk und weiteren 500 m steht man vor dem ehemaligen Führungsturm an der Halde Hattorf.
Informationstafeln und Rastmöglichkeiten werden dem Wanderer hier geboten.


Die Baumreihe zwischen Halde und Führungsturm existierte vor 10 Jahren noch nicht.



Es fällt sofort auf, dass hier mehrere Grenzsteine dicht nebeneinander stehen und in einer Art und weise, wie nie eine Grenzführung hätte realisiert werden können. Eine diesbezügliche Beschreibung klärt deshalb schnell auf.




Blick vom Führungsturm auf die weitere Wegstrecke

Leider muss man wieder ein Stück auf den bisher gegangenen Weg zurück, wendet sich dann nach links, passiert eine Schutzhütte und erreicht Unterbreizbach.

In diesem Ort muss man hinunter zur Ulster, zur Bahnhofsbrücke. Sie gilt es zu überqueren.
Entlang der Bahnhofstraße, die in die Vachaer Straße übergeht, wandert man ostwärts. Auf der Höhe des Klärwerks biegt man rechts in die Mühlbach-Straße, quert damit die Eisenbahnlinie und wandert dann gleich dahinter wieder links weiter in der Laraustraße.
Noch einmal trifft man auf eine Rastmöglichkeit.
Nach 24 Kilometern der ausgeschilderten heutigen Tagesetappe wendet man sich rechts Richtung Windräder und steigt wieder etwa 50 Höhenmeter durch Felder des Lohbergs leicht an Richtung Vacha.

Am Ortseingang trifft man auf den ehemaligen Führungsturm, der besichtigt werden kann.



Im "Wohnraum" - 1. Stock

Im "Wohnraum" - 1. Stock

Blick vom Führungsturm auf die ersten Brückenpfeiler


Sehenswert in Vacha ist u.a. das Rathaus „Widmarckt“, das 1613/14 erbaut wurde bzw. der Marktplatz mit dem Hl. Vitus- Brunnen.
Am 27. Oktober 1813 soll Napoleon auf dem Rückzug von Eisenach kommend (Völkerschlacht von Leipzig) hier Quartier bezogen haben. 
Seit März 1911 ist dieses Gebäude das Rathaus der Stadt.


Von besonderer Bedeutung für diese Stadt ist die "Brücke der Einheit".
Die alte Werrabrücke hat 14 steinerne Bögen, die die gesamte Werra-Aue überspannen. Eine Sage besagt, dass 1342 in einem der Brückenpfeiler ein Kleinkind lebendig eingemauert wurde. In der Vorhalle des Rathauses in Vacha zeugt ein Gemälde davon.


Bereits im 12. Jahrhundert gebaut, stellte sie im Mittelalter ein zentrales Glied der wichtigsten Handelsstraße zwischen Frankfurt/M und Leipzig dar.
Am 03.04.1945 sprengten deutsche Wehrmachtssoldaten den größten Bogen der Werrabrücke
Anfang Juni 1962 entstand hier die erste Mauer an der innerdeutschen Grenze.
Einen empfehlenswerten Film gibt es beim mdr





Auf der östlichen Seite der Brücke befindet sich der "Einheitsmann", eine Figur aus Glasfaser verstärktem Polyester von Ottmar Hörl, der 2015 mit solchen Männchen auf Deutschland-Tour gegangen war (Anlass: 25-Jahre Wiedervereinigung). 
Der grüne Mann erinnert an das „Ampelmännchen“, das in der DDR den Fußgängern als Vorbild dienen sollte.
Die Aktion von Hörl bestand in der Vorstellung, nicht nur gefahrlos über die Straße gehen, sondern auch ohne Gefahren die innerdeutsche Grenze passieren zu können. 


In der nahen Burg Wendelstein in Vacha gibt es ein Dokumentationszentrum über die Grenzgeschichte der Stadt Vacha.

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