Die heutige Wanderroute (13 km - 156 Höhenmeter)
Die heutige Etappe ist von ihrer Strecke her gesehen zwar kurz, doch gerade am Anfang kann man einiges besichtigen, was eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt.
Der Wandertag beginnt am Marktplatz von Boizenburg mit dem freistehenden Rathaus ↗, das, nachdem es im Jahr 1709 bei einem Stadtbrand abgebrannt war, erst 1712 wieder als barockes Fachwerkhaus mit z.T. privaten Geldmitteln neu errichtet wurde.
Marienkirche und Rathaus von Boizenburg |
Der Weg führt nach Norden aus dem Altstadtkern, der von kleinen Fachwerkhäusern geprägt wird, hinaus bis zur "Historischen Wallanlage". Die Innenstadt von Boizenburg ist auch heute noch von einer ringförmigen mittelalterlichen Wallanlage umgeben. Im 18. Jahrhundert wurde der Wall jedoch weitestgehend abgetragen; erhalten geblieben sind in weiten Teilen (insbesondere im Norden der Stadt) der äußere sowie der innere Wassergraben, den einmal 45 Brücken überspannten. Dies brachte der Stadt Boizenburg den Namen "Klein Venedig des Nordens" ein.
Der äußere Wassergraben um "Alt Boizenburg" |
An der "Historischen Wallanlage" angekommen, wendet der Wanderer sich nach links und geht vor bis zum Hafen.
Die Boize speist auch heute noch das einst ringförmige Grabensystem um die Innenstadt mit seiner Wallanlage. Von der Stadt bis zu dem Punkt, wo die Boize in die Sude mündet, wurde die Boize quasi auf ihren letzten Metern als Hafenanlage ausgebaut. An ihr befand sich u.a. die alte Elbewerft.
Hafen Boizenburg, vom Markplatz aus gesehen |
Hafen Boizenburg (Blick vom Aussichtsturm Elwkieker) |
Im Mittelpunkt des obigen Bildes sieht man den blind endenden Hafen mit dem städtischen Hafenplatz und links das ehemalige Werftgelände.
Hier sieht man die Elbe und darunter die Sude, die kurz darauf in die Elbe einmündet. Die Treppen führen hintunter zur Sude.
Da das nächste Ziel "Checkpoint Harry" ist, läuft man nicht vom Hafenplatz in den Fährweg weiter (man müsste sonst wieder zurück laufen), sondern wählt rechter Hand die Hamburger Straße, die in die Straße "Am Elbberg" übergeht.
Dabei passiert man den links befindlichen Aussichtspunkt "Zwölf Apostel". Es handelt sich um einen kleinen Rastplatz mit Sitzbänken, jedoch verhindern mittlerweile die Blätter des dichten Unterholzbewuchses die freie Sicht in die Elbaue.
Von dem Ort erzählt man sich die Geschichte, dass hier einst 12 Bäume zu Ehren französischer Offiziere gepflanzt wurden, die nach den napoleonischen Kriegen an dieser Stelle begraben worden sein sollen. Nach 1945 lagerte man bei den "12 Aposteln” Streusalz, was dazu führte, dass die Bäume abstarben. Dort, wo einst die Bäume standen, wurden 1995 erneut zwölf junge Linden angepflanzt und Sitzbänke aufgestellt. Wenn man jedoch [im Herbst des Jahres 2021] genau nachzählt, kommt man nur noch auf die Zahl 11. Grund: im Herbst 2017 hatte eine Linde den herrschenden Herbststürmen nicht mehr Stand halten können.
Keine 100 m weiter erreicht man das Areal um "Checkpoint Harry". Hier stehen noch die beiden Gebäude des früheren DDR-Transitkontrollpunktes Vier an der F 5, der Fernstraße 5.
Boizenburg gehörte von 1961 bis 1972 zum 5 km Sperrgebiet. Danach wurde auf dem Elbberg ein Vorkontrollpunkt eingerichtet, an dem der Autoverkehr und jede Person bis zur Wende 1989 kontrolliert wurde, der in das verbliebene westliche Sperrgebiet bzw. bis zum Grenzübergang reisen wollte.
1978 wurde die Grenzübergangsstelle (GÜST) Lauenburg-Horst an der Bundesstraße 5 eingerichtet. Viele West-Berliner, die die Autobahn vermeiden wollten, nutzten die Verbindung über die GÜST Lauenburg-Horst, um zur Ostsee oder nach Hamburg zu gelangen.
Den ungenutzten Kontrollpunkt übernahm Harry Strelow im April 1990 mit der Absicht, dort einen Imbiss bzw. ein Restaurant zu eröffnen. In Anlehnung an den wohl bekanntesten Checkpoint im damals geteilten Deutschland, dem "Checkpoint Charlie" in Berlin, nannte er den ehemaligen Kontrollpunkt Checkpoint Harry.
Neben dem Schild "Checkpoint Harry" mit dem Zusatz "Party Service- Restaurant" lockt heute den Durchreisenden noch ein Werbeschild mit "Radeberger Bier".
Auch das Gemälde auf gebrannten Fliesen (na denn ...) des im Jahr 2015 verstorbenen Boizenburger Fliesenkünstlers Lothar Scholz ↗ kann man hier sehen.
... früher undenkbar |
Hinter dem früheren Turm des Kontrollpunktes dokumentieren Informationstafeln die Geschichte der ehemaligen innerdeutschen Grenze in diesem Grenzbereich.
Nahezu schräg gegenüber befindet sich das Elbbergmuseum Boizenburg.
An dieser Gedenkstätte ↗ erinnert ein kleines Gebäude an ein Frauenaußenlager des Konzentrationslagers Neuengamme. Im August 1944 wurden vom KZ Auschwitz-Birkenau etwa 400 ungarische Frauen jüdischen Glaubens nach Boizenburg transportiert. Sie mussten in Tag- und Nachtschichten von jeweils zwölf Stunden für die Firma Thomsen & Co Zwangsarbeit leisten, indem sie Flugzeug- und Schiffsteile für Jagdflugzeuge und Kriegsschiffe zu produzieren bzw. zu reparieren hatten.
Vermutlich am 28. April 1945 wurde das Außenlager Boizenburg vor den heranrückenden alliierten Truppen geräumt. Die Frauen mussten in Richtung Neustadt-Glewe marschieren. Am 2. Mai 1945 wurden die Häftlinge in der Nähe von Groß-Laasch (etwa 70 km östlich von Boizenburg) von US-amerikanischen Einheiten befreit.
Anfang der 1990er-Jahre wurde die auf dem Lagergelände noch im Originalzustand erhaltene Küchenbaracke unter Denkmalschutz gestellt. Seit 2000 beherbergt sie das „Elbbergmuseum Boizenburg“. Im vorderen Teil der Baracke informiert eine Ausstellung mit Bildern / Texttafeln, einem Lagermodell und einigen Originalgegenständen über die Geschichte des KZ-Außenlagers. Im hinteren Teil befindet sich eine Ausstellung über die ehemaligen Grenzanlagen der DDR.
Quelle und Öffnungszeiten:
Geht man etwa 300 m entlang der Straße "Am Elbberg", gelangt man zum "UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-MV"↗.
Zum Besuch dieser Einrichtung sollte man sich anmelden und viel Zeit mitbringen. Im Aussengelände gibt es Mitmachaktionen zum Thema Hochwasser und Hochwasserschutz.
Neben diesem Gelände führt ein Weg nach Süden Richtung Sude / Elbe, zum ehemaligen Fähranleger. Doch zuerst kommt man zu einem hölzernen Aussichtsturm, dem "Elwkieker".
Von diesem Aussichtsturm, der heute mehr oder weniger an dem ehemaligen Standort eines Beobachtungsturms am Steilabfall zur Elbe steht, kann man nicht nur in Richtung Boizenburg mit seinem Hafen sehen, sondern auch hinunter in die Elbauen.
Hier sieht man die Elbe rechts, links von ihr die Sude und ganz links den Bereich der Boize, der zum Hafen in Boizenburg führt.
Hinter den letzten Häusern (des Stadteils Boizenburg-Vier) setzt man die heutige Wanderetappe fort. Bisher ist man erst gut 3 Kilometer gelaufen. Durch das Naturschutzgebiet "Elbhanger Vierwald" geht es hinunter Richtung Elbe.
Man bleibt immer im Mischwald zwischen Bundesstraße 5 und der Elbe, die man nur an einigen wenigen Stellen zu sehen bekommt. Dafür ist die Geräuschkulisse der Straße ein ständiger Begleiter.
Das Gelände vor dem Wald ist stellenweise als Pflegezone ausgewiesen, "Grünes Band".
Nach insgesamt 7,6 Tageskilometern quert man den Mühlenbach und läuft links an der Schleuse des Brückengrabens auf dem Deich weiter.
Nach insgesamt 9,7 Tageskilometern überschreitet man wieder einmal die Grenze. Kein Schild, kein Hinweis, erst recht kein Zaun! Man verlässt Mecklenburg-Vorpommern und betritt als Wanderer entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze erstmalig Schleswig Holstein. Vor einem, mitten in der Elbe, befindet sich das Dreiländereck Mecklenburg-Vorpommern / Schleswig-Holstein / Niedersachsen.
Von hier sieht man auch schon die ersten Gebäude von Lauenburg. Dennoch sind es noch gut 3 Kilometer bis zum heutigen Etappenende. Der Weg führt am Klärwerk von Lauenburg vorbei, unter der Brücke hindurch zum Auwiesen-Parkplatz. Anschließend muss man über die viel befahrene Lauenburger Kanalbrücke (Elbe-Lübeck-Kanal), kann dann aber sofort wieder links in die Bahnhofstraße abbiegen. Wenn man der mit grobem Steinen gepflasterten Straße folgt, gelangt man in die Innenstadt der südlichsten Stadt von Schleswig-Holstein. Hier gibt es nicht nur den Rufer, sondern sehenswerte Fachwerk-Backsteinhäuser mit ihren jeweils eigenen Geschichten, die ich gesondert beschreibe.
Der Rufer von Lauenburg |
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