Auf dieser Seite werden Cookies und andere Technologien genutzt. Cookie - Konfigurationsbox öffnen 1.364 km entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze: 62 - Von Buechen nach Langenlehsten

62 - Von Buechen nach Langenlehsten

Die heutige Wanderroute (14 km - 197 Höhenmeter)


Aus dem Ort Büchen, den man nicht nur zur Übernachtung, sondern insbesondere auch noch zum Auffüllen des Proviantes nutzen sollte, geht der Wanderer den gestern gekommenen Weg auf der L 205 zurück über den Elbe-Lübeck-Kanal nach Büchen-Dorf.
Direkt hinter der Brücke wird an die ehemalige innerdeutsche Grenze, ihre Öffnung 1989 und den 1990 erfolgten Abbau erinnert.

Grenze 1989

Grenzabbau

Hinter Büchen-Dorf biegt man nach rechts in die K 28, die Bröthener Straße, ein und folgt ihr für 1,6 Kilometer bis nach Bröthen. Hier nimmt man den ersten Weg rechts, den Ellermannweg, und folgt auch diesem für 700 m bis zu einer Kreuzung, an der man sich nach links wendet. An der Landstraße, der Alten Dorfstraße, angekommen, geht man etwa 100 m rechts, um gleich wieder nach links, jetzt ostwärts, durch Felder und Wiesen zu laufen.
Nach etwa 1,3 Kilometern erreicht man den Wald. Die erste Kreuzung ignoriert man, obwohl es sich um einen Plattenweg handelt und bleibt weiterhin geradeaus und erreicht so nach insgesamt 7 Kilometern und einem leicht ansteigenden Weg eine breite Schneise im Wald, die ehemalige innerdeutsche Grenze. Ihr folgt man nun nach links auf einem sandigen Weg, der jetzt wieder auf dem Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern verläuft.

Freigehaltener ehemaliger Grenzstreifen

Rechts und links des Weges wächst in dem freigehaltenen Streifen des Kiefernwaldes Heidekraut.
Nach 500 m erreicht man eine Stelle, an der die ehemalige Grenze einen 90 Grad Winkel nach rechts nahm.
Genau hier findet man eine stark verwitterte Informationstafel. Sie erinnert an ein Vorkommnis, das an dem Tod von Michael Gartenschläger erinnern soll.

Hinweis zur Gedenkstätte

Gedenkstätte Micheal Gartenschläger

Ein grünes Hinweisschild weist auf die nur wenige Meter weiter befindliche Gedenkstätte an der ehemaligen Grenzsäule 231 hin.
Sie erreicht man, in dem man durch den damaligen Todesstreifen bzw. das Minenfeld und den ehemaligen Verlauf des Streckmetallzauns vorläuft.

Gedenkstätte Michael Gartenschläger

Hier wurde in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai 1976 der 32-jährige Michael Gartenschläger von einem vierköpfigen Sondereinsatzkommando der DDR-Grenzsoldaten erschossen.

Zur Hintergrundgeschichte:
ab 1971 wurden von der DDR "Splitterminen" des Typs SM-70 in unterschiedlicher Höhe an dem drei Meter hohen vorderen Streckmetallzaun montiert. Die Minen zündeten bei Berührung der davor gespannten Signaldrähte und verschossen bei Auslösung etwa 100 scharfkantige Stahlsplitter parallel zum Metallgitterzaun. Fluchtversuche sollten damit verhindert werden, indem sie Menschen schon beim Versuch den Grenzzaun zu überklettern automatisch schwer verletzten oder sogar töten. Seitens der DDR wurde deren Existenz anfänglich schlichtweg geleugnet bzw. dementiert.
Gartenschläger kam auf die Idee, zwischen Bröthen und Wendisch Lieps, am sogenannten Grenzknick Wendisch/Rietz, eine solche SM-70 abzubauen. Dies gelang ihm am 30. März 1976 mit einem Helfer.

Kurz darauf verkaufte er diese Selbstschussanlage zusammen mit seiner Lebensgeschichte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" für 12.000 D-Mark. Die Redaktion veröffentlichte die Geschichte bereits am 12. April 1976 und widerlegte somit die offiziellen DDR-Verlautbarungen, es gebe keine Selbstschusseinrichtungen an den Grenzanlagen. 
Für die Weltöffentlichkeit hingegen stand fest, dass die DDR eine Konstruktion zur Grenzsicherheit verwendet, die einst von dem SS-Offizier Erich Lutter ↗ planerisch entwickelt worden war, um Konzentrationslager ausbruchssicherer zu machen

In der Nacht vom 23. auf den 24. April 1976 demontierte Gartenschläger nur 200 m von der ersten Stelle erneut eine SM-70-Anlage vom DDR-Grenzzaun. 
Sie sollte im August in Kopenhagen der Öffentlichkeit bei dem „Internationalen Sacharow-Hearing” präsentiert werden, das Menschenrechtsverletzungen in den Ostblockstaaten anklagen wollte. Dann sollte sie der „Arbeitsgemeinschaft 13. August” überlassen werden, um im Museum „Haus am Checkpoint Charly” ausgestellt zu werden.
Das konnte sich die DDR-Führung nicht gefallen lassen und so ordnete Stasi-Chef Mielke persönlich die "Festnahme oder Liquidierung der Täter" an. Im Abschnitt Bröthen/Langenlehsten wurden die Grenzsoldaten durch Sonderkommandos ersetzt. So lauerte auch am 30. April 1976 um Mitternacht ein Stasi-Einsatzkommando dort, als sich Gartenschläger und seine beiden Helfer Lothar Lienicke und Dieter Uebe erneut dem Bereich der Grenzsäule 231 näherten. Ob er ein drittes Mal eine Selbstschussanlage im selben Grenzabschnitt abbauen wollte, wo er schon die beiden vorherigen entwendet hatte oder einfach eine nur zünden wollte, ... ?
Fest steht, dass selbst die westdeutsche Staatsanwaltschaft ihn vorher gewarnt hatte ↗, sich diesem Bereich noch einmal zu nähern.
In der DDR-Information Nr. 328/76 vom 01. Mai 1976  ↗ über eine provokatorische Grenzverletzung an der Staatsgrenze der DDR wurde mitgeteilt:
"am 30. April 1976 überschritt gegen 23.45 Uhr eine Person zwischen den Ortschaften Wendisch-Lieps und Bürgerhof, Kreis Hagenow, an der Grenzsäule 12.31 aus der BRD kommend die Staatsgrenze der DDR und näherte sich der bereits 30 m auf dem Territorium der DDR befindlichen ersten pioniertechnischen Anlage, dem Streckmetallzaun.Unmittelbar davor stieß er auf Grenzsicherungskräfte, auf die er das Feuer eröffnete.Die Grenzsicherungskräfte machten zur Abwehr der Provokation von der Schusswaffe Gebrauch, wobei der Provokateur getroffen wurde und seinen Verletzungen erlag.
Quellen: 
Leben und Sterben zwischen Deutschland und Deutschland
„Schnell das Ding vom Zaun“ ↗  In: Der Spielel, 12. April 1976

Lothar Lienicke und ein weiterer Freund Michael Gartenschlägers errichteten sechs Monate später an der Grenzsäule 231 ein Gedenkkreuz.

Gedenkkreuz Michael Gartenschläger

Plakette Michael Gartenschläger

Gedenkstätte Gartenschläger

Eine solche SM-70, wie auf dem Streckmetallzaunelement unter dem Bild, baute Gartenschläger gleich zwei mal ab.
Info zu Gartenschläger

Gedenkstein Gartenschläger

Geht man von dieser Stelle etwa 700 m vor zur Kreisstraße 28, kommt man ebenfalls zu einer Gedenkstätte für Michael Gartenschläger. Ein Gedenkstein und zwei Informationstafeln erinnern 
am Straßenrand an das in der Nähe stattgefundene Geschehen.

Weg zur Kreisstraße Gedenkstätte Gartenschläger
Weg vor zur Kreisstraße

Hinweis zur Gedenkstätte Gartenschläger
Hinweis zur Gedenkstätte Gartenschläger

Micheal Gartenschläger
Gedenkstein für Michael Gartenschläger

Gedenkstätte Gartenschläger

Wieder zurück im Gartenschläger Eck bzw. an der ehemaligen Grenzsäule, folgt man dem Rundwanderweg und wendet sich als Grenzgänger nach Osten Richtung Wendisch Lieps.

Rundgang Gartenschläger Eck

An einem Informationspunkt seitlich des Weges kann man nachlesen, wie sich speziell an dieser Stelle die Vegetation nach Wegfall der Grenzsicherungsanlagen entwickelte bzw. welche pflegerische Maßnahmen durchgeführt wurden / werden.

Vegetation am Gartenschläger Eck

Hinter der freien Fläche, in denen sich auch noch das Heidekraut hat behaupten können, wächst auf sandigem Boden und unter hohen Kiefern fast nichts mehr!

Waldweg nahe Wendisch Lieps

Eine weitere Informationstafel beschäftigt sich mit Erläuterungen zur "Alten Salzstraße".
Sie ist dem Wanderer entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze mit dem Vorläufer des Elbe-Lübeck-Kanals, dem historische Stecknitzkanal, kurz hinter Lauenburg schon begegnet.

Rundwanderweg Gartenschläger Eck

Im Wald beim "Gartenschläger Eck"

Etwa 1 Kilometer hinter dem "Gartenschläger Eck" biegt man im Wald nach rechts ab und erreicht nach weiteren 300 m erneut einen Gedenkstein, der an den ehemaligen Gutshof Wendisch Lieps erinnern soll, der mit 195,8 ha seit 1605 zum Bülow'schen Gut Gudow gehörte und im Jahre 1963 im Zuge der Einrichtung der innerdeutschen Grenze geschleift wurde.

Gedenkstein Wendisch Lieps

Eine Informatonstafel mit einer alten Fotographie des Schulgebäudes versehen mit Text zum ehemaligen Leben und der Geschichte des Ortes ist dort aufgestellt. 

Wendisch Lieps

Alte Salzstrasse

Sehr nachdenklich stimmen den hier vorbeikommenden Wanderer die Erinnerungen von Wolfgang Kniep.

wolfgang Kniep berichtet

Kniep berichtet aus Wendisch Lieps

Auch die Tatsache ist bemerkenswert, dass die Gebäude der ehemaligen Ansiedlung zwar verschwunden, doch zumindest noch die zwei alten Kastanienbäume zu sehen sind, die einst nahe des Schulhofes standen. Kinder nannten sie "Große Pause", "Kleine Pause".

Kleine Pause, Große Pause

Kurz danach trifft man wieder auf den von rechts kommenden Weg, den man vom Ort Bröthen her gekommen wäre, hätte man nicht den Abstecher zum "Gartenschläger Eck" unternommen. Diesem Weg folgt man nun nach links, überquert den Schwanheider Mühlenbach, der mit europäischen Geldern einem Renaturierungsprojekt unterworfen wurde. Der im Rahmen der Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR stark begradigte Bach im ehemaligen Grenzbereich wurde für ca. 130.000 € auf 1.000 Metern mit EU-Geldern und privaten Mitteln renaturiert.

Mühlgraben renaturiert

zugewachsener Waldweg

Bald darauf schimmert durch den lichter werdenden Wald ein erstes Haus hindurch; Bürgerhof 1.
Nun geht man auf einem Alleenweg einen Kilometer vor bis zur Kreisstraße K 4.
Nach wenigen Bäumen trifft man auf ein Schild, das nicht nur vor Wölfen warnt, sondern inhaltlich darauf hinweist, dass man keine sichere und artgerechte Tierhaltung "mit Wölfen in der Nähe" betreiben kann.

Wölfe

Richtung Langenlehsten

Dem Wegweiser (Richtung Büchen) folgt man auf der Kreisstraße für einen Kilometer nach Norden. So erreicht man das direkt an der Straße liegende Freilicht-Grenzmuseum Leisterförde ↗ .
Eine Rast auf den noch vorhandenen Sitzgelegenheiten kann man allerdings nicht einlegen!

Keine Rastmöglichkeit

Museum

Die "Ausstellung" ist jederzeit zugänglich. Im Rahmen eines Projektes ↗ der Kreisvolkshochschule Ludwigslust wurde im Jahr 2008 ein Teil der originalen Grenzanlage bei Leisterförde am ehemaligen „Tor 21“ des Signalzauns der innerdeutschen Grenze aufgebaut. 

Das Tor im Signalzaun
Entnommen aus der örtlichen Infotafel

Diese Freiluftausstellung sollte Schülern in einem länderübergreifenen Projekt zwischen den Schulen Wittenburg in Mecklenburg-Vorpommern und Büchen in Schleswig-Holstein mit der Geschichte der Grenze vertraut machen. Neben der Errichtung der Sperranlagen sammelten die Schüler Dokumente und befragten Zeitzeugen. Zur aufgebauten Grenzanlage gehören modellhaft Grenzsignal- und Sperrzaun, sowie „Reifentöter“ und eine Erdbeobachtungsstelle.
Quelle: 
Orte des Erinnerns: Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in ..., S.296 

Freilichtmuseum

Grenzsignalzaun
Grenzsignalzaun

Die Selbstschussanlage SM-70
Selbstschussanlage SM-70

Splittermine SM-70

Folgt man der Landstraße für weitere 500 m, kommt man zur ehemaligen innerdeutschen Grenze. Heute verläßt man an dieser Stelle die K 4 und damit Mecklenburg-Vorpommern und wandert auf der K 79 in Schleswig-Holstein weiter. Nach 600 m erreicht man die kleine Ansiedlung Fortkrug. Sie lag früher an der "Alten Salzstraße", der Handelsstraße zwischen Lüneburg und Lübeck (hier Boizenburg / Ratzeburg) und war damals bereits für Fuhrleute und Zugtiere ein gern angenommener Zwischenstopp.
Fortkrug (Fort = Furt, Krug = "Gasthaus") wurde 1704 als Erbpachthufe an der Furt über den Mühlenbach gegründet.
Derzeit läuft hier ein Projekt, das Ackerflächen in Deutschland langfristig für den Ackerwildkrautschutz sichern soll.

100 Äcker für die Vielfalt in Fortkrug

100 Äcker für die Vielfalt

Ackerwildkräuter

Schutzäcker in Fortkrug

Nur wenige Meter hinter der Zufahrt zum Gutshaus Fortkrug mündet die Kreisstraße K 79 in die von Büchen kommende Kreisstraße K 28. Ihr folgt man für gut einen Kilometer nach rechts, Richtung Langenlehsten, dem heutigen Etappenende. 
Langenlehsten ist ein typisches Straßendorf im Kreis Herzogtum Lauenburg mit derzeit etwa 160 Einwohnern und Übernachtungsmöglichkeiten.

Nach Langenlehsten


Zur 61. Etappe                        Zur 63. Etappe

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